Vom MWGFD-Presseteam; Autorin Claudia Jaworski, erschienen am 10. Oktober 2023
Eine kritische Betrachtung des WHO-Pandemievertrags mal aus einem anderen Blickwinkel. Gar nicht mal sonderlich kritisch, sondern sachlich nüchtern, stellt der Wirtschaftswissenschaftler und Experte für Spieltheorie, Prof. Dr. Christian Rieck, schlicht und ergreifend fest, dass Politiker offenbar nicht wissen, worüber sie eigentlich abgestimmt haben und Faktenchecker wiederum ahnungslose Abgeordnete als Beglaubigungsinstanz heranziehen. Die bloße Grundhaltung, wonach die eine Organisation schon automatisch alles richtig machen wird, ist offenbar zum blinden Diktum geworden.
„Wo sind die positiven Änderungen? Wenn es ja eine Reform ist, dann muss es ja positive Änderungen geben.“
„Ich verstehe nicht, was mit den Faktencheckern los ist, dass sie nicht auf der inhaltlich-sachlichen Ebene argumentieren. Denn wenn das Ganze mal ratifiziert ist, dann gilt Artikel 13a. Wir verpflichten uns den WHO-Empfehlungen Folge zu leisten.
Quelle: Prof. Dr. Rieck; https://www.youtube.com/watch?v=lHHlIWxtTiw, erschienen am 7. 10.2023
Vielleicht vermag es der nüchterne und analytische Sachverstand eines Spieltheoretikers, der es gewohnt ist, rationale Entscheidungsverhalten in sozialen Konfliktsituationen abzuleiten, die derzeitigen Spielregeln im Diskurs wieder ins Lot zu bringen. Dabei gilt es „nur“ auf demokratische Prinzipien hinzuweisen.
Vor allem appelliert er an Journalisten und Faktenchecker, sich mal jenseits des üblichen blinden Verurteilungsduktus á la „die einen sind die Verschwörungstheoretiker und die anderen wollen nur die Weltherrschaft“ mit der Primärquelle öffentlich auseinander zu setzen und sich auch die Paragraphen im Abgleich mit der alten Fassung zu Gemüte zu führen.
Im ersten Teil greift er aus dem WHO-Vertrag Passagen heraus, die deutlich antizipieren, dass die Rechte der Nationalstaaten massiv eingeschränkt werden. Bereits die Streichung „non binding advice“ wie auch die Formulierung in Artikel 13a, wonach „die Staaten [sich] verpflichten den Empfehlungen der WHO zu folgen“ sollte eine kritische Lesart geradezu forcieren.
Im zweiten Teil führt er aus Sicht der spieltheoretischen Kooperationsforschung vor Augen, was das Abtreten von Rechten an übergeordnete Organisationen eigentlich bedeutet.
Er räumt ein, dass eine Koordination in Bezug auf Gesundheitsmaßnahmen gerade bei grenzüberschreitenden Sachen wie einer Pandemie grundsätzlich nicht verkehrt sei. Doch davon abgesehen, dass sich hinter dem Argument der effizienteren und schnelleren Verteilung von Impfstoffen eher ein Impfzwang ableiten lässt, gibt er zu bedenken, dass eine konkurrenzfreie Organisation auch die Weisheit der Massen verhindert. Bei der Erhebung von Daten z. B. können unterschiedliche Länder zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, sodass man sich fragen kann, woran das eigentlich liegt.
„Es ist ein Irrglaube zu denken, dass eine Organisation völlig neutral bleiben könne. Jede Organisation hat früher oder später ein Eigenleben. Und dieses Eigenleben geht normalerweise in eine politische oder inhaltliche Richtung. Deswegen ist es so wichtig, dass auch Faktenchecker aus unterschiedlichen politischen Richtungen kommen. Das ist nicht so, dass sich einer hinstellen und sagen kann: ‚so unseres ist jetzt der objektiv richtige Fakt‘. Und es ist auch wichtig, dass es eine Konkurrenz der unterschiedlichen Organisationen gibt. Haben wir die bei der WHO? Nein, wir haben dort eine Organisation, in der sich relativ viel zusammenballt. Das ist an der Stelle noch keine Kritik an der derzeitigen WHO. Es ist noch nicht mal eine Kritik an der zukünftigen WHO. Sondern, es ist ein allgemeines Statement, dass bei solchen Organisationen im Grunde genommen immer ein Gegengewicht existieren muss, auch schon auf inhaltlicher Ebene, um einer Einseitigkeit vorzubeugen.“
Die Überschrift seines Beitrags, ob „WHO-Diktatur oder harmlose Koordination“? scheint daher eher rhetorischer Natur zu sein bzw. soll den Wolf im Schafspelz offenbaren.
Nicht zuletzt schafft eine Koordinierungsorganisation, in denen Länder nicht unabhängig voneinander arbeiten dürfen, einen sogenannten Single Point of Failure, womit das gesamte System gekapert werden kann.
Die Antwort, die er auf dieses Problem gibt, kann einfacher nicht sein. „Demokratische Kontrolle ist die Lösung“.
„Wir haben leider immer mehr den Hang im Augenblick, dass demokratisch gewählte Institutionen einfach Entscheidungskompetenzen an andere Institutionen abgeben möchten, dann aber keine weiteren Kontrollmechanismen haben und sich einreden, dass diese Institution doch nur das Gute für den Menschen im Kopf hat.“
Es ist in der Tat beeindruckend, mit welcher Vehemenz und einer „Gutgläubigkeit“ sondersgleichen plötzlich so getan wird, dass Institutionen kein Eigeninteresse entwickeln könnten oder der Einfluss von Lobbygruppen fern ab jeder Realität sei. Wir danken Prof. Dr. Christian Rieck, dass er die fundamentalen demokratischen Prinzipien, wie Gewaltenteilung, Konkurrenzfähigkeit und eine zeitliche Befristung von Macht, in Erinnerung ruft.
Abschließend gibt er zu bedenken, dass die Corona-Zeit und die mangelnde Bereitschaft zur Aufarbeitung nicht gerade zu einem naiven Umgang mit Entscheidungen globaler Tragweite einladen sollte:
„Im Pandemievertag sind bisher keine Kontrollmechanismen vorgesehen oder Gegenorganisationen. Damit wiederholen wir den Fehler, den wir schon in der Corona-Pandemie gemacht haben. Wir packen die Exekutive und die Judikative in eine Organisation hinein und das geht nicht gut, wenn wir dafür sorgen wollen, dass jemand selbstständig entscheiden soll, ob das was er gemacht hat, richtig oder falsch ist […]. Wir sollten nicht die Augen davor verschließen, dass wir dort bis zum gewissen Grad die Gewaltenteilung aufgehoben haben und, dass von dem Vertragswerk, was wir hier im Augenblick vor uns haben, die ganz große Gefahr ausgeht, dass wir noch in einem viel größeren Stil weltweit die Gewaltenteilung aufheben.“