Geplante Neuerungen des Infektionsschutzgesetzes
- Ausgangslage:
Am 25. März 2020 beschloss der Deutsche Bundestag das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Durch dieses Gesetz wurde im Infektionsschutzgesetz (IfSG) die Möglichkeit der Feststellung einer sogenannten epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag verankert. Mit dieser Feststellung wird das Bundesministerium für Gesundheit etwa ermächtigt, durch Rechtsverordnungen ohne Zustimmung des Bundesrates Maßnahmen zur Grundversorgung mit Arzneimitteln, einschließlich Betäubungsmitteln, Medizinprodukten, Hilfsmitteln, Gegenständen der persönlichen Schutzausrüstung und Produkten zur Desinfektion sowie zur Stärkung der personellen Ressourcen im Gesundheitswesen zu treffen und verschiedene Anordnungen zu treffen.
Der Deutsche Bundestag stellte das Vorliegen einer solchen epidemischen Lage von nationaler Tragweite sogleich am 25. März 2020 fest.
Demnach besteht dieser „Notstand“ seit 25.03.2020.
- Antrag der FDP-Fraktion vom 16.06.2020:
Nach § 5 Absatz 1 Satz 2 IfSG hebt der Bundestag die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite wieder auf, wenn die Voraussetzungen für ihre Feststellung nicht mehr vorliegen. Dies ist inzwischen der Fall. Dem Deutschen Bundestag liegt ein entsprechender Antrag vor (BT-Drs. 19/20046).
Gesetzlich verankerte Konsequenz ist, falls der Bundestag die Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite beschließt, dass fast alle erlassenen Rechtsverordnungen außer Kraft treten (§ 5 Absatz 4 Satz 1 IfSG). Getroffene Anordnungen gelten nach § 5 Absatz 4 Satz 4 als aufgehoben.
Folge wäre, dass nunmehr der Bundestag als reguläres Organ der gesetzgebenden Gewalt wieder über seine vollen Kompetenzen verfügen würde.
- Geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes:
Die FDP-Fraktion stellt in der von ihr vorgelegten Begründung des Gesetzesentwurfs fest, dass die Bundesregierung die ihr in § 5 Absatz 2 IfSG eingeräumten Anordnungs- und Verordnungsermächtigungen seit der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite umfangreich genutzt hat.
Die FDP-Fraktion ist weiter der Ansicht, dass zur Überbrückung der Übergangsphase, das heißt bis entsprechende Gesetzgebungsverfahren im Bundestag abgeschlossen sind, eine Regelung geschaffen werden müsse, um die bisher erlassenen Rechtsverordnungen und Anordnungen der Bundesregierung fortgelten zu lassen, da sich diese als praktikables und flexibles Instrumentarium erwiesen hätten.
Die Lösung soll nach Ansicht der FDP-Fraktion sein, diejenigen Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes bis 30.09.2020 aufzuheben, die dazu führen würden, dass der Bundestag seine gesetzgeberischen Rechte und Pflichten nach Aufhebung des „Notstandes“ zurückerhält. Folge wäre demnach, dass bis 30.09.2020 die erlassenen Rechtsverordnungen und Anordnungen fortgelten und der Bundestag weiterhin seiner Kompetenzen beraubt wird.
- Fazit:
Zusammenfassend kann man festhalten, dass sich die Verantwortlichen im Bundestag und in der Regierung durchaus bewusst darüber sind, dass die Voraussetzungen für den „Notstand“ – unabhängig davon, ob die Voraussetzungen überhaupt jemals vorlagen – jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr vorliegen. Jedoch möchte man den Zustand nicht mit all seinen Konsequenzen beenden, obwohl die aktuellen und vergangenen Infektionszahlen keine Grundlage dafür bieten, dass der „Notstand“ oder die mit ihm verbundenen Rechtsverordnungen noch aufrechterhalten werden. Fraglich ist ohnehin, welche Gesetze der Bundestag bis 30.09.2020 im Rahmen des Infektionsschutzes zu verabschieden beabsichtigt, da das Infektionsgeschehen unter Heranziehung der offiziellen Zahlen des RKI weitgehend beendet ist.
Wieso also soll ein Zustand bzw. eine Gesetzeslage aufrechterhalten werden, für die es nachgewiesenermaßen – die FDP-Fraktion stellt dies ja selbst fest – keine Grundlage mehr gibt? Man könnte auch auf die Idee kommen, dass der Zeitraum bis Herbst überbrückt werden soll, um dann nahtlos in die medial und politische viel beschworene und vorausgesagte „Zweite Welle“ überzugehen, da naturgemäß ab Herbst die Erkältungskrankheiten, auch ohne den Erreger SARS-COV-2, zunehmen.
Die FDP-Fraktion sieht diese Lösung als alternativlos laut Gesetzesentwurf an.
- Alternativlösung:
Als Alternative hätten wir folgenden Vorschlag:
Herstellung des ursprünglich geltenden Infektionsschutzgesetzes vor der „Pandemie“. Diese Regelungen waren bis vor wenigen Monaten stets ausreichend, um die Bevölkerung zu schützen.
Die Gedanken, die den ursprünglichen Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes zugrunde lagen, leuchten auch jedem vernünftigen Menschen ein, nämlich:
- Schutz vor Infektion durch Isolation von nachweislich Kranken und nicht die Isolation der gesamten mehrheitlich gesunden Bevölkerung eines ganzen Landes
- Schutz der besonders empfindlichen Menschen, sog. Risikogruppen und
- Beobachtung derjenigen, die ansteckend und erkrankt sein könnten (z.B. solche mit Krankheitssymptomen oder einem positiven Testergebnis).
Beate Lauer, Volljuristin