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Gesellschaft und Wirtschaft

Brief einer Lehrerin: Erfahrungen in der „neuen Normalität“

Brief einer Lehrerin einer weiterführenden Schule, die ihre Erfahrungen in der „neuen Normalität“ in Zeiten von „Corona“ an der Schule schildert.

In der Schule ist es manchmal schwer auszuhalten.

Wissen Sie, ich wünsche mir alles was früher echt sehr stressig war wieder herbei.

Chaos auf dem Pausenhof, von mir aus auch eine Schlägerei.

Schüler, die den ganzen Vormittag im Unterricht reden und nicht aufpassen, aber miteinander glücklich sind, die die Köpfe zusammen stecken und einfach leben…

All das ist nicht  mehr – und wenn es doch ist – ist es eigentlich verboten.

Die Schüler betreten einzeln in großem Abstand das Schulhaus mit dem Mund- und Nasenschutz. Sie dürfen nur so durchs Schulhaus gehen. Im Klassenzimmer dürfen wir’s abnehmen.

In den Pausen bleiben wir im Klassenzimmer. An manchen Schulen dürfen die Kinder auf den Pausenhof, aber hier wird streng auf Abstand geachtet.

Der Unterricht wird an den Schulen unterschiedlich geregelt.

Klassen über 15 Schüler sind geteilt. Entweder ist verkürzter Unterricht im Wechsel, oder wochenweise die eine, dann die andere Gruppe.

Nach wie vor unterrichten wir auch übers Internet unsere Schüler.

Ich bin nachmittags auch für meine Schüler online erreichbar.

Das Lernen in der Kleingruppe gefällt meinen Schülern. Sie sagen, dass sie hier viel besser mitkommen.  Aber alle sitzen auf Abstand. 

Eine Gruppe – es sind 15jährige  Mädels – haben in der ersten Woche als sie wieder zur Schule kamen, überhaupt nichts gesprochen. Es war gruselig.

Ich hab’s fast nicht ausgehalten. Die Jungs waren gechillter.

Und wenn die Klassenzimmertür zu ist, dann ist es mir egal, ob sie beieinander hängen oder nicht.   Ich bin weder Aufpasser noch Erfüllungsgehilfe, was man aber von mir erwartet.


Ich soll die Kinder darauf aufmerksam machen, den Abstand einzuhalten, ich soll darauf achten, dass sie ihre Masken tragen, wenn sie das Klassenzimmer verlassen.

Ich sage ihnen, dass sie entscheiden können, was sie tun wollen.

Wenn ich etwas aufsetze, dann mit dem Hinweis an meine Schüler, dass ich es aus Solidarität mit ihnen mache. 

Ich fordere sie auch immer wieder auf, auf ihre Gesundheit zu achten.

Beim Mittagessen in der Mensa sind nur kleine Schülergruppen  – alle Kinder in gehörigem Abstand – es ist sehr still. 

Dieses Social Distancing ist entsetzlich und wenn das die neue Normalität sein soll, dann kann ich da nicht mehr mitmachen.

Alle hier warten auf einen Impfstoff um zum Alltag zurückkehren zu dürfen. 

Und da stromt es mich gleich wieder.

Ich werde mich nicht impfen lassen. Habe mich schon länger mit dem Thema beschäftigt… 

Da bin ich wieder die einzige in meiner Schule  – denke ich – die das so sieht. 

Alle meine Kollegen haben sofort ihre Impfpässe mitgebracht, als es um die MMR-Impfung ging.

Und meine Mutter ist in einem Altenheim. Sie ist über 90 Jahre und muss seit gestern eine Maske tragen, wenn sie mit anderen Leuten Kontakt hat. Also eigentlich den halben Tag, weil die alten Leute bislang viel zusammen gesessen sind. Sie sagt, dass sie damit keine Luft kriegt und sie sie dann unters Kinn schiebt.

Ich hab sie gefragt, wer das angeordnet hat und dann hat sie mir das Schreiben des  Altenheims vorgelesen: „Laut Ministerialblatt vom 22.05.2020 sollen nun auch alle Bewohner in Seniorenheimen einen Mund- Nasenschutz tragen. Ich bitte Sie daher, dieser Aufforderung Folge zu leisten und einen Mund-Nasenschutz zu tragen.“ (Zitat)

Es stand dann auch drin, dass niemand sie zwingen wird einen Mundschutz zu tragen, aber im nächsten Satz wurden sie wieder dazu aufgefordert.

Und warum tragen sie die Masken dann doch?

Ich hab ihr gesagt, dass sie das nicht aufsetzen soll, dass ihr das schadet.

Ich bin weder Pessimist noch abgehoben. Ich stehe mit beiden Beinen im Leben – ja und ich habe auch meine spirituelle Ausrichtung – sonst würde ich es nicht schaffen.

Auf eine „Zusammenkunft oder Kundgebung“ gehe ich derzeit noch nicht … Sie können sich denken, weshalb.

Ich glaube, dass ich momentan für meine Schüler wichtig bin und sehe es als meine Aufgabe, für sie da zu sein. 

Vielen Dank und herzliche Grüße

Eine Lehrerin an einer weiterführenden Schule